Eine freiwillige Typisierungsaktion für Stammzellenspenden gab’s an der Merian-Schule: 230 Schüler und Lehrer haben sich registriert. Die BZ beschreibt die Hintergründe der Aktion, Ablauf und Resonanz.
Freiburg Während Schüler über eine Schulstunde hinweg Matheaufgaben lösen, Aufsätze schreiben oder Pläne für das Wochenende schmieden, erkranken durchschnittlich drei bis vier Menschen in Deutschland an Leukämie. Das berichte die Deutsche Knochen- markspenderdatei (DKMS). Eine passen- de Stammzellenspende kann Leben ret- ten; jeder zehnte Blutkrebspatient sucht der DKMS zufolge allerdings vergeblich einen passenden Spender.
Sohn einer Lehrerin betroffen
Patricia Ruppenthal-Ott unterrichtet an der Merian-Schule im Freiburger Stadtteil Neuburg. Während der Heimreise aus dem Urlaub vergangenen Sommer habe sie die Nachricht erhalten, dass der ehe- malige Bettnachbar ihres Sohnes auf eine Stammzellenspende angewiesen sei. Ihr Sohn sei an Blutkrebs erkrankt gewesen, inzwischen aber geheilt. Sie habe viele Stunden bei ihrem Sohn auf der Krebssta- tion in der Freiburger Uniklinik ver- bracht: „Mit den Patienten und deren Fa- milien kommt man so ins Gespräch“, sagt sie. Die schwierige Suche nach einem Stammzellenspender für den Ex-Zimmer- nachbarn ihres Sohnes habe sie moti- viert, etwas zu tun, so Ruppenthal-Ott.
Markus Henkes ist Schulleiter der Me- rian-Schule. „Zu helfen ist etwas Schönes“, sagt er während er der Typisierungsaktion. Die Studentin Mathea Brückner informierte zuvor 25 Klassen über die DKMS, die Registrierung und die Spende. Sie selbst hat bereits Stammzellen ge- spendet: Nach der Typisierung wurde sie von der DKMS kontaktiert, weil ihre Stammzellen zu einer an Leukämie er- krankten Person passten. „Ich habe mich gefreut, dass ich helfen konnte“, erinnert sich Brückner. „Ich war aber auch aufge- regt vor der Spende“, sagte sie. Die DKMS fragte sie daraufhin, ob sie in Schulen über dieses Thema aufklären wolle.
Karin Klink organisierte mit ihren Lehrer-Kolleginnnen und -Kollegen Patricia Ruppenthal-Ott, Sabine Müller und Daniel Junker die Aktion. „Alle anwesenden Klassen können am Informationsvortrag und an der anschließenden Typisierungsaktion teilnehmen“, sagt Karin Klink. Weil die Aula für die vielen Klassen zu klein sei, haben die einzelnen Klassen Botschafter in die Aula entsandt; die übrigen Schüler wurden wie bei einer Videokonferenz zugeschaltet.
Diskussion im Lehrerzimmer
Als Ruppenthal-Ott nach den Sommerferien ihrem Chef, Markus Henkes, vorschlug, eine Typisierungsaktion an der Merian-Schule durchzuführen, habe er die Idee in die Lehrerkonferenz eingebracht. Die Lehrer diskutierten, doch „kein Lehrer hat dagegen gestimmt“, erinnert sich Ruppenthal-Ott. Es wurde ein Informationsfilm produziert, den alle Schüler vor dem Aktionstag ansehen konnten. Schülerin Johanna Schneider: „Ich habe, bevor ich entschieden habe, mich registrieren zu lassen, mit meiner Familie gesprochen.“ Religionslehrerin Karin Klink fügt hinzu: „Religions- und Ethiklehrer haben in ihrem Unterricht das Thema Stammzellenspende kontrovers mit ihren Schülern behandelt.“
Viele Spender
Damit die Schüler und Lehrer der Merian-Schule in die Datenbank der DKMS aufge- nommen werden können, müssen sie sich online registrieren und dann selbst Wangenabstriche machen. „Es fühlt sich an wie Zähneputzen“, sagt Schülerin Annalena Lehmann. Insgesamt haben 230 schüler, Schülerinnen und Lehrkräfte bei der Aktion mitgemacht. Der Abstrich zeigt, ob die Gewebemerkmale zu denen eines Patienten passen. „Je mehr Personen sich registrieren lassen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass geholfen wird“, sagt Lehrerin Stefanie Dieterle, während die Probe-Stäbchen in ihrer Hand trocknen. Sobald die DKMS die Proben analysiert hat, gehen die Daten in die Datenbank. Eine Registrierung zwingt aber niemanden zu einer Spende. Falls die DKMS den Schüler Alexander Oezkent kontaktieren würde, sei er jedoch bereit: „Die Spende ist ein geringes Übel“, sagte er. Dem Empfänger kann sie das Leben retten.