Ich lasse mir die Botschaft Jesu Christi nicht nehmen.

„Ich lasse mir die Botschaft Jesu Christi, die Liebe zu Gott und anderen Menschen, nicht nehmen!“

Mein Engagement in Gruppierungen und Projekten der katholischen Kirche zeigt mir, dass wir noch mehr Sensibilität dafür entwickeln müssen, die Botschaft Jesu Christi, die von den beharrenden Strukturen in der Kirche oftmals verdeckt bleibt, vielfältig und ehrlich allen Menschen anzubieten sowie die ambivalenten Lebenssituationen der Menschen ernst zu nehmen. Wir müssen wieder lernen, dass ein Grundprinzip der Kirche das katholische ,et-et‘, sowohl als auch, ist. Die Kirche ist beispielsweise sowohl ,heilig‘ als auch ,sündig‘ zugleich. Kirche ist mehrfarbig. Kirche ist mehrdeutig. Kirche ist widersprüchlich. Das ist gut so. Diese Spannungen sind auszuhalten. Katholisch heißt ,allumfassend‘. Ich wünsche mir, dass wir dieses Wort wahren.

Bubble-Theologien

Die Aufgabe von Theolog*innen ist es, über Gott zu schreiben, zu sprechen, ihn darzustellen und so weiter. Seit Kurzem lässt sich immer wieder gut studieren, dass sich das Theologisieren vermehrt in homogenen ,Bubbles‘ ereignet und man sich scheut, die eigene ,Bubble‘ zu verlassen und somit die eigenen Beobachtungen oder Haltungen auf ein spezifisches Phänomen in Dialog mit anderen Perspektiven zu demselben Phänomen zu setzen. Wenn aber lancierte Theologien belastbar und relevant sein sollen, bietet es sich nach meinem Dafürhalten an, dies zu tun: Warum bemühen sich nicht beispielsweise vatikanische, universitäre oder diözesane Akteur*innen stärker, ihre ,Theologien‘ den (An-)Fragen von (jungen) Menschen, die vielleicht ganz anders sozialisiert wurden, auszusetzen? Ich meine, das wäre wichtig, um die Transformationsprozesse, die die Kirche (auch theologisch) jetzt machen muss, gut zu gestalten.

Um den heißen Brei …

Ich bin nicht der Erste und der Einzige, der dieses Sprachbild gebraucht, um zu beschreiben, welches Problem viele Akteur*innen der katholischen Kirche derzeit haben: Meines Erachtens haben dieselben verlernt, vernünftig und präzise theologische Phänomene zu beschreiben, zu deuten, anzufragen. Stattdessen verstricken sich diese oftmals in inhaltsleeren und beliebigen Phrasen, um sich nicht festzulegen, nicht anfragbar zu sein, sich vielleicht nicht korrigieren zu müssen. Wenn die Theologien der katholischen Kirche gegenwärtig und fortan noch relevant sein wollen, dann scheint mir die aktuelle Strategie kontraproduktiv zu sein: In meiner Wahrnehmung sind viele Menschen in der derzeit zu Ende gehenden Postmoderne daran interessiert, dass gegenwärtige Erkenntnisse klar kommuniziert, kluge Fragen gestellt und Aporien benannt werden. 

Ich werde nun konkret, um nicht auch Teil des Problems zu werden: Ich stelle mir Gott als vollkommen, frei, allmächtig, liebend und beziehungssuchend vor. Wie können diese Eigenschaften Gottes mit dem mannigfaltigen und schmerzlichen Leid auf der Erde verbunden werden? Ich habe hierauf keine Antwort, aber zumindest einmal meinen Diskussionsstandpunkt offen dargelegt und eine herausfordernde Frage lanciert. 

Aufgeben kann man bei der Post

Der Polemik dieses Satzes bin ich mir durchaus bewusst, allerdings eignet er sich gut, um metaphorisch zu beschreiben, welches Ethos ich mir von allen Akteur*innen der katholischen Kirche wünsche: 

Obgleich der gegenwärtige und prognostizierte Zustand der katholischen Kirche, der sich beispielsweise in der Abnahme von Mitglieds- und Weihezahlen, der Nutzung kirchlicher Angebote sowie einem gesellschaftlichen Relevanz- und Ansehensverlust ausdrückt, schwer abzuwenden und schmerzlich ist, scheint es mir wichtig, zu betonen, dass alle Akteur*innen der katholischen Kirche das Ziel ihres Handelns beherzigen: 

Erinnern wir uns, dass alle Christ*innen gesandt sind, das, was sie von der Botschaft Jesu Christi verstanden haben, den Menschen vielfältig und umsonst anzubieten. Dieses Handeln kann – theologisch formuliert – zum Wachstum des Reiches Gottes beitragen. Das Reich Gottes ist eine vage, nicht statische und nicht durch Menschen zu vollendende Größe. Das ist gut so. Das schützt Christ*innen vor Überforderung und Übereifer und kann diese gleichzeitig motivieren, nicht zu resignieren und das Reich Gottes weiter aufzubauen.

Lasst uns also mit Freude und Wagemut die vielfältigen Transformationsprozesse der katholischen Kirche angehen: Vielleicht müssen gegenwärtig alle katholischen Akteur*innen (wieder) lernen, bescheidener, konzilianter und mutiger zu sein.

Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. 1 Tim. 1,7

Patient Priesterseminar – Impulse für eine zukunftsfähige Priesterausbildung

Ich bin weder Seminarist noch Regens eines Priesterseminars. Einige Leser*innen fragen sich jetzt sicherlich, weshalb ich mich dann zur Priesterausbildung äußere: Manchmal ist ein Blick von außen wertvoll, um andere Impulse zu einem Sachverhalt zu erhalten: In diesem Artikel möchte ich angesichts des angemessenen Vorhabens der Deutschen Bischofskonferenz, die Priesterausbildung wegen der anhaltend rückläufigen Weihezahlen umzustrukturieren, vier Kriterien lancieren, die meines Erachtens für eine attraktivere Priesterausbildung wichtig sind:

Dialog statt Monolog

Überraschend kam im Juni 2020 die umstrittene Nachricht über eine mögliche Zentralisierung der Priesterausbildung. So bezeichnete beispielsweise die Vorsitzende des Katholisch-Theologischen Fakultätentages (KThF), Johanna Rahner, die Pläne als „unüberlegt, naiv und politisch unbedarft“.[1] Es ist evident, dass auch eine dezentrale Priesterausbildung den Fortbestand aller theologischen Fakultäten – trotz der Konkordate – nicht sichern würde und die einzelnen Fakultäten andere Konzepte und Strategien generieren müssen, damit Theologie für Studierende weiterhin interessant ist. Dennoch vermisse ich in dieser Debatte neben dem sogenannten ,Limburger Gespräch‘ (ein Dialogformat zwischen ausgewählten Bischöfen und Theologieprofessor*innen) einen konkreten und anhaltenden Dialogprozess der DBK mit Vertreter*innen der einzelnen Fakultäten, um deren Fortbestand sicherzustellen: Die DBK muss sich dafür interessieren und einsetzen, dass auch (nicht nur) Studierende, die andere kirchliche Berufe wie Lehrer*in, Pastoral- oder Gemeindereferent*in anstreben, fortan an vielen Standorten gut ausgebildet werden. Darüber hinaus mangelt es vor allem an einem Dialogprozess beispielsweise mittels einer Studie mit den gegenwärtigen Seminaristen im Propädeutikum und in der Studienphase, die von dieser Zentralisierung unmittelbar betroffen sind. Die katholische Kirche kann nur eine attraktive Arbeitgeberin für angehende Priester sein, wenn sie deren Bedürfnisse und Vorstellungen berücksichtigt.

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Schule als pastoraler Ort – Papier der DBK

Gute Neuigkeiten! Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) formuliert ein Papier ,Im Dialog mit den Menschen in der Schule. Eckpunkte zur Weiterentwicklung der Schulpastoral‘, um die Schul-Pastoral (Schul-Seelsorge) weiter zu fördern. Wir müssen als kirchliche Akteur*innen meines Erachtens stärker (wieder) lernen, auch – nicht nur! – die guten Neuigkeiten den Menschen – auf eine zeitgemäße Arte und Weiße – öffentlich wirksam mitzuteilen. Aber zurück zur Schulpastoral: Schule ist bereits seit einigen Jahren ein pastoraler Ort, weil – wie die DBK richtigerweise schreibt – in der Schule Schüler*innen und Mitarbeiter*innen oftmals einen Erst-Kontakt oder den einzigen Kontakt mit Religion und Kirche haben. Lehrer*innen, die sich zu Schulseelsorger*innen (die Erzdiözese Freiburg bietet auch eine Ausbildung an) ausbilden lassen, können für Schüler*innen und Mitarbeiter*innen in der Schule wertvolle Ansprechpartner*innen beispielsweise in Trauer-Prozessen sein und die Schule mit guten Angeboten wie zum Beispiel einem ,Raum der Stille‘ aktiv mitgestalten. 

Literatur:

Zusammenfassung der Erklärung der der deutschen Bischöfe zum Lesen: 

https://www.dbk.de/presse/aktuelles/meldung/deutsche-bischofskonferenz-veroeffentlicht-eckpunkte-zur-weiterentwicklung-der-schulpastoral

Wie gewinnen eigentlich katholische Theolog*innen Erkenntnisse?

Die sogenannte Lehre der ,loci theologici‘, also Orte der theologischen Erkenntnis, die der spätmittelalterliche Dominikaner Melchior Cano erstmals lancierte, beschreibt die gegenwärtige katholische Erkenntnislehre. Es lassen sich aus meiner Perspektive fünf Orte der theologischen Erkenntnis ausweisen: (1) Bibel, also die Texte aus dem Ersten und Zweiten Testament; (2) Kirche, also der Glaubenssinn der gläubigen Menschen und die Lehre des Papstes; (3) Offenbarung, also die geglaubte Offenbarung Gottes im Menschen; (4) Tradition, also die Geschichte des Glaubens und der katholischen Kirche; (5) Vernunft, also die menschliche Fähigkeit, einzusehen und zu urteilen. Gegenwärtig streiten Theolog*innen darüber, wie diese hier alphabetisch aufgezählten ,loci theologici‘ zu hierarchisieren und zu gewichten sind. Auch ich lege meiner Theologie eine spezifische Hierarchisierung und Gewichtung der ,Orte der theologischen Erkenntnis‘ zugrunde. Wie würden Sie in der Beurteilung theologischer Fragestellungen diese fünf ,Orte‘ hierarchisieren und gewichten? 

Literaturtipp: Körner, Bernhard: Orte des Glaubens – loci theologici. Studien zur theologischen Erkenntnislehre; (Ich habe im Vergleich zu Körner und anderen Theolog*innen die katholische Erkenntnislehre sehr vereinfacht dargestellt. Darüber bin ich mir allerdings bewusst). 

SEHEN.URTEILEN.HANDELN – So arbeiten viele Theolog*innen

Wie arbeiten eigentlich einige Theolog*innen, die Verhältnisbestimmungen zwischen der katholischen Kirche und den Gesellschaften vorlegen? Induktiv: Von einer spezifischen empirischen Beobachtung gelangen Theolog*innen zu einer allgemeinen theoretischen Erkenntnis. Der Gründer der christlichen Arbeiterjugend (CAJ), Joseph Cardijn, hat eine bedeutende induktive Methode konzipiert: Der ,methodische Dreischritt‘ SEHEN.URTEILEN.HANDELN. Mit diesem Dreischritt lassen sich meines Erachtens zahlreiche Phänomene in den Gesellschaften gut theologisch analysieren: (1) SEHEN meint das Wahrnehmen der – katholisch geschrieben – ,Zeichen der Zeit‘ (II. Vatikanum, Gaudium et spes 2), also das was in den Gesellschaften so passiert. (2) URTEILEN meint die Bewertung der gesellschaftlichen Phänomene mit Argumenten aus einer theologischen Perspektive gemäß dem Evangelium Jesu Christi. (3) HANDELN meint die theoretische und praktische Realisierung der Bewertung im konkreten Leben einzelner Christ*innen, aber auch in der katholischen Kirche als Institution.

,ganzjährig sternsingen‘

Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie und der gebotenen Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Viren konnten viele Sternsinger*innen dieses Jahr ihre (Spenden)-Aktion nicht oder nur kontaktlos durchführen. Das war aus meiner Perspektive gegenwärtig angebracht, allerdings schält sich heraus, wie wichtig es gerade in einer Post-Corona-Zeit sein wird, die armen Menschen (nicht nur die mittellosen Menschen, sondern auch die Menschen, die arm an Beziehung und Beteiligung sind) nicht aus dem Blick zu verlieren: Ich meine damit nicht, dass Sternsinger*innen (und andere Menschen) in der Post-Corona-Zeit ständig verkleidet und singend Menschen besuchen oder Spenden sammeln sollten. Vielmehr fasse ich die Wörter ,ganzjährig sternsingen‘ als ein Ethos auf: Schärfen wir unser Bewusstsein zu Beginn der Post-Corona-Zeit besonders darauf, Menschen, die arm sind, mit der gebotenen und gewünschten Nähe und Unterstützung zu begegnen und ihnen direkt und symbolisch ,die Botschaft von Weihnachten‘ anzubieten. 

Aggiornamento 2.0

Die Lehre der katholischen Kirche benötigt alsbald ein ,Aggiornamento 2.0′. Die Zeiten einer ,Volkskirche‘ sind in Deutschland und in anderen Ländern vorbei. Wir brauchen tragfähige und zukunftsweisende Konzepte, um die daraus resultierenden Transformationsprozesse der katholischen Kirche zu meistern. Der Synodale Weg kann hierfür – auch wenn er kirchenrechtlich problematisch ist – ein guter Prozess sein: Wie können Laien und besonders Frauen sowie Homosexuelle in der Institution Kirche beteiligt werden? Wie kann Gewalt- und Machtverteilung in Kirche realisiert werden? Wie kann eine gute Priesterausbildung und Ausbildung der anderen kirchlichen Berufe bei anhaltend rückläufigen Student*innen-Zahlen fortan erfolgen? Wie kann Territorial- und Kategorialseelsorge gestaltet sein? Alle ,Christ*innen‘ sind meiner Ansicht nach angefragt, dialogisch mögliche Antworten auf diese Fragen zu finden.