Drei junge Erwachsene engagieren sich in der Region kommunalpolitisch – was motiviert sie, was sind ihre Ziele?
Freiburg. Sie sind selten, doch es gibt sie: junge Kommunalpolitiker. Einer Studie der Hochschule für öf-fentliche Verwaltung in Kehl zufolge sind nur knapp zwei Prozent der Gemeinderäte in Baden-Württemberg jünger als 25. Die BZ hat mit drei jungen Erwachsenen in der Region Freiburg gesprochen, die kommunalpolitisch aktiv sind – zwei im Gemeinderat, einer als Vorsitzender eines Ortsverbandes. Warum bringen sie sich als junge Menschen in der Kommunalpolitik ein?
Moritz Maxam aus Freiburg
Moritz Maxam (23) studiert im achten Semester Politik und Geographie an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg. Er will Lehrer werden. Allerdings reize ihn auch eine Karriere in der Politik, sagt er. Seit Juni 2022 führt der Student den CDU-Ortsverband Freiburg-Kappel. Mit Anfang 20 einen Ortsverband zu leiten, ist Maxam zufolge eine große Aufgabe, die ihm allerdings Freude bereitet. Mit seiner Arbeit ist er bislang zufrieden: „Ich sehe, dass sich etwas in Kappel bewegt.“ Der bisherige Vorsitzende Christoph Brender habe bereits vor der Kommunalwahl 2019 forciert, das Team der CDU in Kappel zu verjüngen: „Ich war sofort dabei“, erinnert sich Maxam. Er kandidierte deshalb für einen Sitz im Kappler Ortschaftsrat, verpasste jedoch den Einzug in das Gremium. Dass die CDU Themen unaufgeregt und sachlich betrachte, gefällt ihm an der CDU. Außerdem schätze er das konservative Profil seiner Partei.
Maxam engagiert sich in der Kommunalpolitik, weil er seine Ideen unmittelbar in die Sitzungen seines Ortsverbandes einbringen könne.
„Seit ich mich politisch in Kappel engagiere, sehe ich meinen Wohnort mit anderen Augen“
Moritz Maxim
So notiere er sich beispielsweise, an welchen Stellen die Radwege geändert werden müssen. Neben der Anpassung der Radwege setze er sich dafür ein, dass ein neues Feuerwehrgerätehaus gebaut und der Hochwasserschutz in Kappel ausgebaut wird.
Wenige junge Erwachsene sind laut Maxam politisch aktiv. Deshalb plane er mit seinem Vorstandsteam nicht nur, junge Erwachsene direkt anzusprechen, sondern auch, sie mit Beiträgen auf dem Instagram-Kanal der CDU Kappel zu erreichen. Außerdem beabsichtige er, Stammtische zu Themen anzubieten, die junge Menschen angehen. Obgleich die CDU in seiner Generation unpopulär sei, seien vier der zwölf Mitglieder im Vorstand des Ortsverbands zwischen 23 und 25 Jahren alt. Die Zusammenarbeit mit den erfahrenen Parteikollegen sei gut, es gebe keinen Generationenkonflikt: „Wir lernen viel voneinander“, sagt Maxam. So zeige er beispielsweise einigen Parteifreunden, wie seine Instagram-Kampagne funktioniere.
Außerdem vertrauen die erfahren Vorstandsmitglieder seinen Plänen für den Ortsverband und unterstützen ihn und die anderen neu Gewählten im Vorstand. Nicht nur in der Bundespartei, sondern auch im Ortsverband Kappel brächten sich wenige Frauen ein: „Das ist ein Problem“, sagt Maxam. Deshalb strebe er an, mehr Frauen für Vorstandsämter und die Liste der CDU bei der Kommunalwahl 2024 zu gewinnen. Er selbst plane derzeit, wieder für den Ortschaftsrat Kappel zu kandidieren, und hoffe, dass er bei der nächsten Wahl ein Mandat erhält.
Marlene Krüger aus Schallstadt
Marlene Krüger ist 22 Jahre alt und studiert an der Albert-Ludwigs-Universität Politik und Ethnologie. Wenige Monate vor der Kommunalwahl 2019 hatte sie sich der Grünen Jugend Breisgau-Hochschwarzwald angeschlossen und auch gleich für den Gemeinderat in Schallstadt kandidiert. Denn: Ihre Generation sei bislang nicht im Schallstadter Gemeinderat repräsentiert, sagt sie. Für Politik habe sie sich bereits in der Schule interessiert, und auch mit ihrer Familie diskutiere sie über politische Themen. Vor ihrer Kandidatur sei sie zunächst Ricarda Lang, die inzwischen Bundesvorsitzende der Grünen ist, auf Instagram gefolgt: „Sie hat mich motiviert und mir gezeigt, wie man sich als junge Frau politisch einbringen kann“, sagt Krüger. Seit Mai sitzt sie als Nachrückerin für die Grünen im Gemeinderat in Schallstadt. Sie ist dort die jüngste Rätin. Die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen erlebe sie als konstruktiv. Krüger ist es wichtig, sich in ihrer Heimatgemeinde einzubringen. Wenn sie aus dem Sitzungssaal des Gemeinderats blicke, sehe sie den Spielplatz, auf dem sie als Kind gespielt habe. An ihrer Ratsarbeit fasziniere sie, wie die Verwaltung und die Angehörigen des Gremiums kooperierten.
„Ich wünsche mir mehr junge Frauen in der Kommunalpolitik.“
Marlene Krüger
Außerdem sei es ihr durch ihre Arbeit im Gemeinderat möglich, daran mitzuwirken, multiplen Krisen wie den Klimawandel zu begegnen: „Ich erlebe mich als handlungsmächtig“, sagt sie. Die Studentin wirbt nach eigener Aussage im Rat beispielsweise dafür, dass die Gemeinde eine Klimamanagerin einstelle und noch mehr zum Klimaschutz beitrage.
Daniel Mannhardt, Denzlingen
Daniel Mannhardt ist 25 Jahre alt und hat an der Pädagogischen Hochschule in Freiburg studiert. Die Bürgermeisterwahl 2017 in Denzlingen habe ihn veranlasst, politisch aktiv zu werden: Er sei erstaunt gewesen über die geringe Wahlbeteiligung, obwohl sich drei Kandidaten um das Bürgermeisteramt beworben hatten. Vor allem junge Menschen haben nach Ansicht Mannhardts auf ihr Stimmrecht verzichtet, weil sie meinten, kommunalpolitische Themen betreffen sie nicht. Um jungen Erwachsenen zu zeigen, dass Themen, die im Gemeinderat entschieden werden, sie betreffen, gründete er mit Freunden 2018 den Ortsverband der Satirepartei Die Partei. „Für uns war es die einzige Partei, die uns zu 100 Prozent zusagte“, erklärt Mannhardt; Die Partei habe kein bundespolitisches Programm. Daher sei es möglich, selbst Themen zu setzen. Sein Ziel sei, vor allem Themen zu identifizieren, die junge Menschen interessierten.
„Ob sie schlussendlich uns oder wen anders wählten, war zweitrangig. Hauptsache, die Menschen gehen wählen.“
Daniel Mannhardt
2019 habe er eine Liste für die Gemeinderatswahl in Denzlingen zusammengestellt. Im Wahlkampf sei es ihm wichtig gewesen, dass wieder mehr Bürger aus Denzlingen ihr Stimmrecht nutzen: „Ob sie schlussendlich uns oder wen anders wählten, war zweitrangig. Hauptsache, die Menschen gehen wählen“, sagt er. Seine Partei holte ein Mandat, das Daniel Mannhardt seither ausübt. Auch als fraktionsloser Abgeordneter ist es ihm möglich, die Politik des Gemeinderates zu prägen. Wenn mindestens drei andere Räte seine Anträge unterstützen, diskutiert das Gremium über seine Forderungen. „Viele Anträge konnte ich schon einbringen, von denen viele positiv angenommen und umgesetzt wurden“, sagt er. So habe er etwa erreicht, dass die Gemeinde Denzlingen fünf Discgolf-Körbe im Stadtpark installiert habe und am Christopher-Street-Day eine Regenbogenflagge am Rathaus hisse. Außerdem setze er sich im Rat dafür ein, dass Denzlingen bis 2035 klimaneutral wird. Deshalb berücksichtige er dieses Anliegen bei seinen Anträgen und Abstimmungen.
Derzeit arbeite er an einem Antrag, um auf das Verkehrskonzept im Neubaugebiet „Käppelematten“ einzuwirken. Viele Bekannte sprächen ihn auf seine Arbeit im Gemeinderat an und sind interessiert, mit welchen Themen er sich beschäftigt. Ihm sei es wichtig, dass junge Erwachsene für ein politisches Amt kandidieren. Mannhardt zufolge sollten junge Menschen die Parteien wählen, von denen sie sich am besten vertreten fühlen. Ob er selbst bei der Kommunalwahl 2024 wieder kandidieren wird, hat Mannhardt noch nicht entschieden. Wichtiger als sein Sitz im Gemeinderat sei ihm, dass sich junge Menschen für ein Mandat bewerben. „Dafür stelle ich meinen Sitz im Rat und Listenplatz eins der Partei gerne zur Verfügung, ein frischer Wind tut immer gut“, sagt er.